Kostenstudie des Hydrogen Council sieht Break Even von Langstrecken-Wasserstofffahrzeugen mit Benzin und Diesel schon zwischen 2020 und 2030

30 der im Hydrogen Council organisierten weltweit führenden Unternehmen in der Wasserstofftechnik zusammen mit etlichen externen Experten haben sie gemeinsam in den letzten 12 Monaten im „Clean Room Verfahren“ erarbeitet. Ich selber habe als Vertreter eines beteiligten Unternehmens an der Studie mitgewirkt und der Verkündung gestern in Paris beigewohnt. Nun sind auch die großen Öl- und Energieunternehmen (u.a. Shell, BP, Total, Saudi Aramco, EDF, Nippon Oil, ChinaEnergy, Sinopec) sowie große Investmentbanken im Hydrogen Council präsent, was als starkes Zeichen für den Beginn der Großinvestitionen in Wasserstoff gewertet werden kann.

Die wesentlichsten Ergebnisse der anhängenden Kostenstudie in kurzer Zusammenfassung sind wie folgt:

  1. der Kosten-Break Even von grüner Wasserstofferzeugung liegt in vielen Anwendungen näher als erwartet und behauptet:
    • die Kosten für grüne Wasserstoffproduktion aus Elektrolyse werden in den kommenden 10 Jahren um 60% fallen, in Europa von heute 5,4 €/kg auf 2,3 €/kg
    • in Ländern mit günstiger erneuerbarer Energie wie Nordafrika, Saudi-Arabien, China, Australien, Südostasien, Südamerika, ggf. auch in sehr sonnenreichen Teilen Europas mit erneuerbarem Strom zu Kosten von 1 – 2 ct/kWh können Kosten für die Erzeugung von grünem Wasserstoff von 1,10 €/kg bis 1,70 €/kg bis 2030 erreicht werden
    • für das Erreichen eines voll wettbewerbsfähigen Wasserstoffmarktes in der Mobilität sind „nur“ 55 Mrd. € Investitionen nötig, 25 Mrd. € für die Wasserstoffherstellung und 30 Mrd. € für Wasserstofftechnik in der Mobilität. Dies ist ein Bruchteil der Investitionen in konventionelle Energien im Jahr
  2. die Kosten von Wasserstofffahrzeugantrieben werden mit steigenden Produktionsvolumina deutlich sinken:
    • bis 2030 werden die Kosten von Brennstoffzellentechnik vom heutigen Niveau um mind. 45% auf unter 120 €/kW sinken, wenn 200.000 Brennstoffzellensystem pro Jahr produziert werden; bei einem globalen Produktionsvolumen von 600.000 Brennstoffzellensystemen pro Jahr werden die Kosten sogar um 70% auf 67 €/kW sinken.
  3. 9 Wasserstoff Mobilitätsanwendungen erreichen zwischen 2020 und 2030 den Break Even zu konventionellen Kraftstoffen (Diesel, Benzin) und werden in den Total Cost of Ownership (TCO) auch günstiger als Batteriefahrzeuge:
    • Schwere Langstrecken-LKW
    • Mittelschwere Langstrecken-Lkw
    • Langstrecken Reisebusse
    • Regionalbusse
    • Gabelstapler / Flurförderzeuge
    • Regionalzüge
    • Pkw in Taxiflottenanwendungen
    • Große Pkw im Premiumbereich
    • Mittlere und schwere SUVs
  4. Wasserstoff Distribution wird bei gasförmiger oder flüssiger Distribution bis 2030 wettbewerbsfähige Kraftstoffkosten von ~4 €/kg an der Tankstelle (vor Steuer) ermöglichen:
    • für die gasförmige Betankung bei kurzer Anlieferungsdistanz ist gasförmiger Transport als Hochdruckgas (CGH2) die günstigste Alternative
    • für Distanzen ab 300 km ist Flüssigwasserstoff (LH2) die günstigste Distributionsform, auch dann wenn an der Tankstelle Hochdruck-Gas betankt wird; sollte kryogener Wasserstoff selbst Onboard-Kraftstoff sein, wie in den Langstrecken-Lkw der Zukunft eine wahrscheinliche Option, ist LH2 immer die günstigste Distributionsform; LH2 ist auch für kurze Distanzen am günstigsten, wenn LH2 bereits vorliegt, z.B. bei Lieferung mit dem Tankschiff aus Ländern mit günstiger erneuerbarer Energie
    • für sehr große Mengen Wasserstoff kommt auch der Transport per Pipeline in Betracht; v.a. in Regionen mit sehr günstigem Erdgas und der Möglichkeit zur unterirdischen Einspeicherung von CO2
    • In allen Distributionsfällen ist entscheidend, wie teuer die Energie an der Tankstelle ist; sollte diese teuer sein, ist LH2 immer die günstigste Anlieferungsform; ist diese günstig, ist die gasförmige Kompression und Vorkühlung (bei Gasbetankung) auf kurze Distanzen günstiger, sofern ausreichend Platz für Kompression, Hochdruckspeicher und Vorkühlung an der Tankstelle gegeben ist
  5. (Flüssig-)Wasserstoff wird Energieträger im internationalen Energiehandel und kann LNG ersetzen:
    • grüner kann in flüssiger Form (LH2) aus Ländern mit günstiger erneuerbarer Energie für ca. 3 €/kg angeliefert und damit günstiger werden als in Deutschland / Europa aus erneuerbarem Strom hergestellter vergleichbarer Wasserstoff
    • Die LH2 Verschiffung und Anlieferung in Europa würde Kraftstoffkosten an der Tankstelle von unter 4 €/kg (bei gasförmiger Abgabe) und bei kryogener Abgabe sogar unter 3,5 €/kg ermöglichen; dadurch wäre auch eine Besteuerung als Kraftstoff ähnlich wie heute möglich
    • Zu den Exportregionen mit den besten Voraussetzungen für die Lieferung von grünem Flüssigwasserstoff gehören Nordafrika, die Saudi-Arabien, Australien, China und Südostasien, Teile von Südamerika
  6. Die Infrastrukturkosten für Wasserstoff Brennstoffzellenfahrzeuge werden ab einer regionalen Marktdurchdringung von 1% mit einzelnen Hubs von 20% Durchdringung erheblich günstiger als die Ladeinfrastruktur für Batteriefahrzeuge:
    • während Ladeinfrastruktur in der Anfangsphase mit wenigen hauptsächlich langsamen Ladestationen mit 4700 €/Fahrzeug angesetzt werden kann, werden die Kosten bei hoher Durchdringung mit höherem Bedarf an Schnellladesäulen und Netzausbau auf 7600 €/Fahrzeug steigen
    • Wasserstofftankstellen mit der heutigen sehr geringen Auslastung (< 0,01% Wasserstoffanteil an allen Fahrzeugen) sind aktuell mit 16.000 €/Fahrzeug noch deutlich teurer als Ladeinfrastruktur, werden aber schon mit einer Auslastung von 1% und einzelnen Hubs mit 20% Durchdringung mit 5.400 €/Fahrzeug günstiger als Ladeinfrastruktur
  7. Wasserstoffanwendungen jenseits der Mobilität wird i.d.R. erst nach 2030 wettbewerbsfähig, wenn die Erzeugungskosten von Wasserstoff auf unter 1-2 €/kg fallen:
    • Gebäudewärme benötigt Wasserstoffkosten von 1 €/kg oder weniger um mit Erdgas konkurrieren zu können
    • Stromerzeugung aus Wasserstoff (Rückverstromung) ist erst bei Wasserstoffkosten von unter 1 €/kg wettbewerbsfähig, bei einer CO2-Besteuerung von 100 €/t CO2 bei 1,5 €/kg
    • Wasserstoff als Grundstoff für die Stahlproduktion, die Methanol- oder Ammoniakherstellung ist ebenfalls erst bei Wasserstoffkosten von 0,7 €/kg bis 1,5 €/kg wettbewerbsfähig zu konventionellen Low-cost Alternativen; allerdings gibt es hier teilweise wenige oder keine günstigen emissionsarmen / emissionsfreien Alternativen zu Wasserstoff

Die ganze Kostenstudie des Hydrogen Council findet sich hier.